Um Missverständnissen zu wehren: Nein, die Kirche hat nicht zu allen Fragen der politischen Debatte Position zu beziehen. Und ja, in der Kirche muss Raum sein für diverse politische Optionen, für Konservative, Liberale, Reformorientierte, Sozialvisionäre, Protagonisten des ökologischen Wandels. Was dem Wohl der Menschen dient, muss und darf umstritten sein. Das Heil ist eine Frage des Bekenntnisses – das Parteibuch nicht. „Gegen rechts“ ist eine ungut verdichtete Parole. Heißen muss es: „Gegen Rechtsextremismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit“. So verstanden aber haben Christen und Kirchenvertreter gemeinsam mit allen demokratisch Gesinnten dieser Tage auf die Straßen und die Plätze zu ziehen.

Auf den Trümmern der Nazidiktatur ist in Deutschland ein demokratischer Rechtsstaat entstanden. Mit einem festen Fundament im Grundgesetz, Artikel 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Nach den millionenfachen Morden des Naziterrors war und ist das die Basis. Jeder Mensch – im Licht des Evangeliums – ist ohne Unterschied von Gott geschaffen und geliebt und darf auf Erlösung hoffen. Wenn dieser Tage Rechtsextreme und Populisten Pläne schmieden, Millionen Menschen ins Ungewisse oder in den Tod zu deportieren – wieder einmal, weil sie fremd und anders sind –, dann müssen wir aufstehen. Wenn in diesem Land – aus politischem Kalkül – Menschen zum Objekt des Hasses gemacht werden, weil sie eine andere Hautfarbe haben, eine Kippa tragen oder einen Hidschab: dann haben wir zu widerstehen. Menschenfeindlichkeit hat keinen Platz in diesem Land.

Wer Hass gegen andere schürt, wer die ungeteilte Menschenwürde aller missachtet und damit auf Stimmenfang geht, der muss Widerspruch erfahren. Und der muss raus aus allen Parlamenten. Rechtsextremismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit dürfen nie mehr anschluss- und salonfähig werden. Darum geht es im Wahljahr 2024.

Ulf Schlüter (Westfalen) ist Theologischer Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Quelle: IDEA