Von der Eleganz des Gottesdienstes

Unser Gottesdienst fordert zu einer besonderen Eleganz des Glaubens auf. Der Heilige Geist will das ermöglichen.

Wer schon einmal mit dem Kreuzfahrtschiff oder einer Überseefähre gefahren ist, kennt die gefiederten Begleiter. Möven begleiten das Schiff gerne aus dem Hafen. Vielleicht erwarten sie sich ein paar Krümel Futter oder Speisereste aus den Kombüse. Noch mehr aber glaube ich, haben Sie Spaß daran, mit dem Schiff zu fliegen. Oft können die Passagiere Gruppen junger Möwen beobachten, die einfach ein paar Kilometer mit dem Schiff fliegen. Sie nutzen die Windströmungen, die das große Passagierboot erzeugte zu fröhlichen Luftübungen.

Eine Möve nutzt den Wind. Gegen den Wind zu fliegen ist ihr kaum möglich. Der Wind ist ihr Freund. Er treibt sie weite Strecken, wühlt das Meer auf und bringt damit neue Nahrung an die Oberfläche. Die Möve muss die Flügel nutzen, um in einer für sie guten Luftbewegung zu bleiben. Die Möve hat deshalb ein feines Gespür für den Wind entwickelt. Natürlich ist das Fliegen für die Möve nicht mühelos. Gerade wenn der Wind stark ist, braucht es starke Flügelschläge, um zu korrigieren, gegenzusteuern, die Balance zu halten. Aber nie habe ich den Eindruck, dass der Flug der Möve an Eleganz verliert. Die Möve fliegt mit Lust.

Was für eine Eleganz, was für eine Schönheit! Es ist eine Freude den Möwen beim Fliegen zuzuschauen. Sie nutzen den Wind mit wenig Aufwand für ihre Zwecke. Zugleich kann man den Eindruck gewinnen, dass die Luftströmung ihre Freude daran hat, dem Tier ein graziöses Windballet zu ermöglichen. Der Flug der Möve über das Meer ist geprägt von Könnerschaft, Hingabe und Freude am Wind.

Können, Hingabe und Freude sind auch wichtige Elemente im Gottesdienst. Im besten Fall kommt es im Gottesdienst zu demselben Wechselspiel wie bei der Möve mit den Wind. Der Heilige Geist ermöglicht uns, den Glauben in Schönheit zu entfalten. Musik, Worte, Gesang und Gottes Wort in reichen Formen sollen dazu beitragen.

Übung, Erfahrung, Hingabe und Freude an der Liturgie tragen zum Gelingen bei. Innere und äußere Bewegung sind nötig. Eine Möve die sitzt, verliert an Eleganz. Ihr Element ist die Luft, ihr ganzes Wesen entfaltet sich in der Höhe.

Christen sind mit der Möve im Wind vergleichbar. Wohl müssen sie sich mühen, es geht nicht ohne Übung, aber doch nur um mit zunehmender Übung den wehenden Geist Gottes zu nutzen. Der Geist Gottes ist ein Freund der Menschen im Gottesdienst, er ermöglicht der Seele den eleganten Flug.

Unser Gottesdienst ist geprägt von Jahrhunderte alter Erfahrung mit dem Flug des Glaubens. Wir profitieren von dem Können und der Erfahrung vieler Generationen. Mit diesem Schatz im Rücken sollen wir uns selbst aufschwingen und im Gottesdienst den Schwung des Heiligen Geistes nutzen. Wir sollen uns die Tradition aneignen und zugleich neue Formen entwickeln, die uns entsprechen.

Möwen haben unterschiedliche Flugstile. Das kann man selbst noch erkennen, wenn 20 oder 50 von ihnen das Schiff umkreisen. Deshalb ermöglicht der Gottesdienst verschiedene Zugänge. Die Liturgie beginnt zu leben, wenn wir auf unsere Art bereit sind, uns den Heiligen Geist hinzugeben.

Schlimm ist es, wenn Menschen das Gespür für Gottes Kraft verlieren, wenn sie versuchen unabhängig von Gottes Geist zu leben. Sie sind dann wie eine Möve, die gegen den Wind fliegt. Das ist außerordentlich kräftezehrend und auf Dauer wenig erfolgreich. Hingabe ist der Schlüssel zu Gottes Gegenwart, dauernde Mühe und dauernder Aktivismus helfen nicht weiter.

Dabei braucht ein guter Gottesdienst ein gerüttelt Maß an Vorbereitung. Gerade weil es gilt, einen guten Raum zur Hingabe, einen guten Raum zu schaffen, in dem die Leidenschaft zu Gott hin Ausdruck finden kann. Es braucht viel Mühe und auch Geduld damit es gelingt, dass viele sich gemeinsam tragen lassen von den Adlerflügeln Gottes.

Deshalb ist der Gottesdienst am Sonntag (und ja auch allen anderen Tagen) so wichtig. Gott will Flügel verleihen für die Zeit, die kommt. Unter der Woche müssen wir schon genug rudern, arbeiten und kämpfen. Gottes Geist will uns einen guten Wochenstart ermöglichen. Er schenkt mit der ihm eigenen Eleganz Schwung für den Alltag. Die praktische Schönheit der Nächstenliebe entspringt der Orientierung und dem Gotteslob am Sonntagsgottesdienst.

Man kann den Gottesdienst missachten – wie die Möve, die sich nicht mehr in die Luft erhebt. Wer das tut verachtet seine eigentliche Bestimmung, in der Liebe und im Einsatz für den Nächsten im Mittelpunkt stehen sollen. Wer das tut kehrt sich von seiner Bestimmung als schönes, elegantes Kind Gottes ab.

Unsere Aufgabe als Gemeinde ist, für den Sonntagsgottesdienst zu werben mit sorgfältiger, liebevoller fantasievoller Gestaltung und mit eigenem Beispiel. Wenn unsere Jugend von uns Alten lernen, dass Liebe und Hingabe, Freude und Eleganz im Gottesdienst erfahren werden können, dann haben wir Ihnen den Zugang zu einer Gottesgabe eröffnet.

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