Ein Rat für Menschen, die den Ruhestand beginnen
„Ihr wart wie irrende Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.“
(1. Petrus 2, 25)
Wenn man das Wort „Bischof“ hört, ziehen viele erst einmal die Stirn kraus. Besonders in unserer Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hören Menschen oft den „Herrscher der Kirche“ – es erinnert an Amt, Macht und Distanz. Doch die Bibel spricht von einem anderen „Bischof“. Sie nennt Jesus selbst den „Bischof unserer Seelen“.
Ein Blick in die Sprache des Neuen Testaments hilft weiter: Das griechische Wort episkopos bedeutet wörtlich „Draufseher“. Gemeint ist nicht einer, der über uns herrscht, sondern jemand, der hinschaut – mit Wohlwollen, Fürsorge und Verständnis. Im antiken Griechisch gab es für Herrscher andere Begriffe. Der „Episcopus“ war eher ein Begleiter: Er sah hin, gab Rat, half mit, war ansprechbar.
Genau so schildert uns die Bibel Jesus Christus: als den, der auf unsere Seele schaut. Er ist kein Herrscher, der uns zwingt, sondern ein Diener, der uns in Freiheit und Verantwortung ernst nimmt.
Ein Begleiter auf dem Lebensweg
Gerade am Ende des Berufslebens, wenn man auf viele Jahrzehnte zurückblickt und zugleich nach vorne schaut, wird die Frage nach Orientierung neu wichtig. Was bleibt? Was trägt? Was ist wirklich wichtig für die kommenden Jahre?
In solchen Momenten kann es entlastend sein zu wissen: Da ist einer, der „draufschaut“. Einer, der mehr Erfahrung hat, der den Überblick behält, wenn wir uns verirren, und der uns liebevoll korrigiert, wenn wir uns verrannt haben.
Man kann es sich vorstellen wie ein Gespräch:
- „Jesus, ich schreibe gerade einen wichtigen Abschnitt in meiner Lebensplanung. Schau doch bitte drauf!“
- „Jesus, ich habe mich da in etwas verrannt. Es geht mir nicht gut. Kannst du mir einen Ausweg raten?“
- „Jesus, ich weiß nicht, ob ich links oder rechts gehen soll. Gib mir bitte einen Tipp.“
Jesus antwortet nicht mit erhobenem Zeigefinger oder mit fertigen Rezepten. Aber er ist da, hört zu, gibt Impulse und schenkt Gelassenheit. Er respektiert unsere Entscheidungen – und doch dürfen wir ihm zutrauen, dass er die größere Einsicht hat.
Orientierung im Wirrwarr
Wir leben heute in einer Zeit, in der es unzählige Ratgeber für ein gutes Leben gibt. Überall heißt es: „Mach dies! Lass das! So wirst du glücklich, gesund oder erfolgreich!“ Die Fülle an Tipps kann mehr verwirren als helfen. Manchmal geraten wir dadurch sogar in neue Abhängigkeiten – Regeln und Erwartungen binden uns fester als die stärksten Stricke.
Hier ist es wohltuend, einen „Draufseher“ wie Jesus zu haben. Er schaut nicht nur auf unsere äußeren Leistungen, sondern auf unser Inneres. Er sieht, was uns wirklich guttut, was uns befreit und aufatmen lässt. Wer ihm vertraut, hat im Wirrwarr des Lebens einen verlässlichen Helfer.
Freiheit statt Last
Vielleicht fragen Sie sich: „Brauche ich das wirklich noch, jetzt, am Ende meines Berufslebens?“ Die Antwort kann lauten: Gerade jetzt! Denn mit dem Eintritt in den Ruhestand öffnet sich ein neuer Abschnitt. Es ist die Chance, das eigene Leben neu zu sortieren, Altes loszulassen und Neues zu wagen.
Jesus Christus, der „Bischof unserer Seelen“, möchte dabei nicht bevormunden, sondern begleiten. Er ist wie ein älterer Bruder, der mitgeht, wenn wir unsicher sind, und der uns ermutigt, wenn wir stehen bleiben. Er nimmt Lasten von den Schultern und schenkt Freiheit, wo wir uns gebunden fühlen.
Ein guter Wegbegleiter
Am Ende geht es darum, einen guten Weg zu finden – für die letzte Etappe unseres Lebens. Die Bibel sagt: „Ihr wart wie irrende Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.“ Dieses Umkehren ist keine Niederlage, sondern ein Geschenk. Wir müssen nicht alles allein tragen. Wir dürfen vertrauen, dass einer mitgeht, der den Überblick behält.
Vielleicht klingt „Bischof“ für uns fremd oder belastet. Doch in der Sprache der Bibel ist es ein Hoffnungswort. Jesus ist der beste „Draufseher“, den wir finden können: aufmerksam, liebevoll, erfahren und ganz nah an uns dran. Wer sich ihm anvertraut, darf gewiss sein: Auch die kommenden Jahre sind gut aufgehoben – bei ihm, dem Hirten und Bischof unserer Seelen.
Übung für den Alltag
Nehmen Sie sich morgens oder abends drei Minuten Zeit. Atmen Sie ruhig ein und aus. Legen Sie die Hand aufs Herz und sprechen Sie leise: „Jesus, schau auf meine Seele.“ Denken Sie an eine Sache, die Ihnen schwerfällt, und vertrauen Sie sie ihm an. Spüren Sie die Ruhe, die daraus erwächst.