Selbst die Krippe sein

„Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben“

… ein bekanntes Weihnachtslied und eins meiner Lieblingslieder im Evangelischen Gesangbuch. Gedichtet wurde der Text von Paul Gerhardt, dessen Lieder uns auch zu anderen Jahreszeiten erfreuen und die, wie ich finde, eine tiefe Frömmigkeit aufzeigen. Oft mit Wörtern, wie wir sie heutzutage vielleicht nicht mehr verwenden, die aber kraftvoll aussagen, welche Wunder Gott durch Jesus Christus an uns getan hat.

„Ich steh an deiner Krippen hier …“ kommt mir auch manchmal übers Jahr in den Sinn, nicht nur zur Weihnachtszeit. Denn für mich steckt darin eine Sehnsucht und eine tiefe Freude.

Da liegt ein Kind in der Krippe, im Stall! Und dass soll der König der Welt sein? Der Retter, Friedefürst, Messias? Im ersten Moment fast undenkbar, ein König im Stall. So schreibt auch Paul Gerhardt: „O dass doch so ein lieber Stern soll in der Krippen liegen! Für edle Kinder großer Herrn gehören güldne Wiegen. Ach Heu und Stroh ist viel zu schlecht, Samt, Seide, Purpur wären recht, dies Kindlein drauf zu legen!“ (Str. 6)

Und doch hat Gott diesen Weg gewählt: Gott wird Mensch in einer Krippe. Darin zeigt sich ganz viel. Gott kommt uns nahe. Er wird menschlich. In Windeln gewickelt. Klein. Ohne Prunk. Die Krippe zeigt mir: Gott kommt zu mir. Er ist kein Gott, der weit weg ist, der nur im Himmel thront und darauf wartet, dass wir ihn ehren. Er ist ein Gott, der sich selbst zu uns begibt. Ein Gott, der sich nicht zu schade ist, in einer Krippe zu liegen. Jesus heilt Menschen, die sonst keiner anfassen will. Er speist mit Zöllnern, die niemand mochte. So lesen wir es in der Bibel.

Im November wird uns immer einiges zugemutet, finde ich – der Volkstrauertag und der Ewigkeitssonntag. Es wird früher dunkel. Es ist kälter und häufig nass. Da kommt so mancher in eine Traurigkeit oder eine Resignation, die nur schwer wieder zu verlassen ist.

Die Dunkelheit bleibt, doch dann kommt der Advent. Lichterketten, Weihnachtsglitzer und Kerzen erfüllen die Straßen und Häuser. Das macht was mit mir, diese kleinen Lichtmomente. Dann kann ich wieder durchatmen und die Hoffnung glänzen sehen. Was im November war, ist nicht vergessen. Aber es bekommt wieder eine andere Perspektive für mich. Advent heißt Ankunft. Ich freue mich darauf, die Ankunft Jesu auf der Erde zu feiern und ich freue mich darauf, mich auf den Weg zur Krippe zu machen. Denn in dieser Krippe liegt alles, was ich brauche. Jesus hilft mir, wenn ich traurig bin und ich kann mit ihm übersprudeln vor Freude. „Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne, die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne.“ (Str. 3) Mein Glaube an den dreieinigen Gott stärkt mich. Denn mein Gott ist ein lebendiger Gott, mit dem ich reden kann und mit dem ich leben will. Er bringt Licht in meine Dunkelheit. Der Herr schenkt mir Leben.

In der Weihnachtszeit wird mir warm ums Herz, wenn ich an das Kind in der Krippe denke und mir bewusst wird, dass dieses Jesuskind alles für mich gegeben hat. Da kann ich gar nicht anders, als ihm auch mein Leben zu geben und dies mit den Worten Paul Gerhardts kräftig zu singen: „Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben; ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben.“ (Str. 1) Lesen Sie oder singen Sie doch auch mal dieses Lied. Wollen Sie sich auf den Weg zur Krippe machen? Vielleicht sogar noch einen Schritt weitergehen und selbst zur Krippe werden, so wie Paul Gerhardt es in der letzten Strophe schreibt? Selbst zur Krippe werden heißt hier für mich, Jesus in meinem Herzen zu tragen, ihm Platz zu schaffen in meinem Leben und ihn ganz einziehen lassen bei mir.

„Eins aber, hoff ich, wirst du mir, mein Heiland, nicht versagen: dass ich dich möge für und für, in, bei und an mir tragen. So lass mich doch dein Kripplein sein; komm, komm und lege bei mir ein dich und all deine Freuden.“ (Str. 9)

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit, einen guten Start ins neue Jahr und vor allem, dass Sie spüren können, dass dieses Kind in der Krippe das größte Geschenk ist!

Pfarrerin Lara Schütz

Übrigens: Am 27. Mai 2026 ist der 350. Todestag Paul Gerhardts. Die Paul-Gerhardt-Gesellschaft ruft zu einer Pflanzaktion auf, die Pflanzen aus seinen Liedern („Narzissus und die Tulipan“ etc.) zu pflanzen. Schauen Sie im Frühjahr gerne mal an der Kirche in Bad Marienberg vorbei, ob es Jutta Groß und mir gelungen ist, ein paar der Paul-Gerhardt-Blumen anzupflanzen!

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